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Interview mit Julia Schoch

Frau Schoch, wie würde nach den vergangenen Monaten Ihr erstes Zwischenfazit lauten? Was ist Ihr Eindruck von der Stadt und Ihrem neuen Arbeitsplatz?

Wenn mich Leute fragen, wie lange ich schon hier bin, muss ich immer kurz überlegen und merke: Es ist jetzt erst ein Jahr. Wahnsinn – weil in diesen einem Jahr bereits so viel passiert ist. Wir haben so viele tolle Projekte gemacht und ich habe alle Leute als sehr herzlich wahrgenommen. Auch vom Filmfest-Team wurde ich sofort ganz lieb empfangen. Ich glaube in meiner zweiten Woche saßen wir in meinem Büro – es war noch nichts eingerichtet, es herrschte Chaos, ich musste mich thematisch überhaupt erst einmal einfinden. Und dann saßen Karina Gauerhof und Anke Hagenbüchner-Sobiech bei mir und ich habe sofort gemerkt, es passt gut – wir haben dieselben Einstellungen, wohin wir mit der Sache wollen. Solche Begegnungen haben sofort geholfen, dass ich schon Ende vergangenen Jahres das Gefühl hatte: jetzt bin ich gut angekommen.

Was macht die Arbeit mit dem Filmfest aus?

Da lernen wir, uns mit einer anderen Kunstrichtung auseinanderzusetzen und uns dieser in gewisser Weise auch etwas unterzuordnen. Wenn wir beispielsweise einen Film begleiten, ist das Timing absolut entscheidend. Das Orchester steht selbst nicht im Mittelpunkt und kann nicht so frei aufspielen wie normalerweise. Wenn im Film etwas umfällt, dann muss natürlich genau in dem Moment das Schlagzeug das entsprechende Geräusch machen. Außerdem finde ich gerade die Kooperation mit dem Filmfest extrem wichtig für den Erhalt unserer Kunstform, denn man darf nicht vergessen: Die Mehrheit derjenigen, die heutzutage Orchestermusik hören, die hören sie im Film. Auch wenn sie es gar nicht bewusst wahrnehmen. Fast jeder erkennt sofort die Titelmusik von „Star Wars“ und, gerade im Fall von John Williams, ist das ja auch fantastisch komponierte Orchestermusik.


Die Zusammenarbeit mit dem Filmfestival hat ja in Braunschweig schon eine große Tradition. Was ist denn aus Ihrer Sicht das Besondere an diesem Wechselspiel zwischen Filmfest, Staatstheater und Staatsorchester?

Die Zusammenarbeit ist sehr eng und viel offener, als ich mir vorgestellt hatte. Ich war wirklich überrascht, als Karina Gauerhof in meinem Büro saß und nicht einen Film im Gepäck hatte, sondern mir die Frage stellte, welchen Film wir gerne machen würden. Im Laufe des Gesprächs hat sich sehr schön entwickelt, in welche Richtung wir gehen wollen und was wir uns gut vorstellen könnten. Es ist eine Kooperation auf Augenhöhe.

Was ist für Sie persönlich der besondere Reiz am Medium Film?

Ich finde, es ist die perfekte Symbiose aus allen Kunstformen. Im Musikwissenschaftsstudium lernt man, dass die Oper ein Gesamtkunstwerk ist und für mich geht der Film noch einen Schritt weiter: Das Livemoment der Aufführung und alle damit einhergehenden Unwägbarkeiten fallen weg und wir sehen das multimediale Kunstwerk genauso, wie der Künstler es uns zeigen will.

Wir schlagen mal einen kleinen Bogen. Was erwartet uns denn bei dem Eröffnungsfilmkonzert in diesem Jahr?

Ich finde es schön, dass wir etwas gefunden haben, was ganz anders ist – und dennoch eine Weiterentwicklung. Auf den ersten Blick denkt man, es sei eine 180-Grad-Wendung, die wir hier machen, aber eigentlich ist es so nah dran. In den letzten beiden Jahren hatten wir klassische Stummfilme auf dem Programm. Jetzt spielen wir einen Animationsfilm, der ebenfalls ohne gesprochene Sprache auskommt und einen Großteil der Emotionen durch die Musik transportiert. „Die Rote Schildkröte“ ist künstlerisch so anspruchsvoll und gleichzeitig etwas für die ganze Familie.

Als Sie angefangen haben, sind Sie in ein Programm hineingestartet, das bereits stand. Jetzt kommen Sie so richtig zum Ausgestalten Ihrer eigenen Themen. Was für Ideen haben Sie hinsichtlich Ihrer persönlichen Programmatik noch?

Ganz wichtig für mich ist das Projekt Symphonic Mob, darüber können Sie mehr in unserem Spielzeitheft nachlesen. Dort laden wir Leute aller Altersklassen und aller Fertigkeiten an ihrem Instrument ein, um mit uns zu spielen. Das wird eine super interessante Sache für uns und sicherlich auch für die Mitwirkenden! Im Vorfeld wird es Proben in kleinen Gruppen geben, damit man sich gut reinfinden kann. Wir werden dazu Noten in vereinfachter Form herstellen. So kann auch jemand, der beispielsweise erst vergangenes Jahr angefangen hat Geige zu spielen, ein bisschen was mitspielen. So können wir das Gefühl von Orchester vermitteln und zeigen, wie schön es ist, zusammen zu musizieren.