Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz ist eine/r der Förder:innen des Braunschweig International Film Festivals. Die Stiftung engagiert sich für kulturelle Projekte in der ganzen Region. Die Stiftungsdirektorin, Maria-Rosa Berghahn, schildert, wie sich die Stiftung einbringt und warum die Zusammenarbeit mit dem BIFF so besonders ist.
Falk-Martin Drescher: Die Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (SBK) feiert ja in ihrer jetzigen Form 20-jähriges Jubiläum, existiert aber schon viel länger. Was macht die SBK aus Ihrer Sicht zu einer so besonderen Stiftung, gerade für die Region?
Maria-Rosa Berghahn: Neben der Größe und den Werten ist es vor allem die Weitsichtigkeit von Herzog Julius im Jahr 1569. Er hat das Vermögen nicht in den Staatshaushalt integriert, sondern getrennt und für gemeinnützige Zwecke ausgegliedert, wie zum Beispiel für Bildung und Kultur, für junge Mädchen und Jungen. Diese Linie zieht sich seit 1569 durch, und das macht die Stiftung so besonders.
Warum ist es der SBK so wichtig, so viele unterschiedliche Kulturthemen zu fördern, von klassischen Bereichen wie Theater und Museen bis hin zu progressiven Nischenformaten?
In unserem Zweck steht, die Kultur des Braunschweiger Landes zu bewahren und zu fördern. Kultur ist sehr breit, sie entsteht aus der Gesellschaft selbst. Wir haben ein weites Kulturverständnis und wollen alle Facetten entdecken. Gerade neue Formate haben oft keine festen Geldgeber. Wir schauen sehr offen hin, unser Team arbeitet ohne Scheuklappen, und genau das ist uns wichtig.
Welche Bedeutung hat für Sie die Zusammenarbeit mit dem Braunschweig International Film Festival, insbesondere im Bereich Film und Kinokultur?
Filmkunst ist natürlich eine jüngere Kunstform, aber dennoch sehr wichtig. Das Film Festival stärkt die Sichtbarkeit und Identität der Region. Für uns war es keine Frage, das zu unterstützen. Zudem gibt es eine schöne Verbindung: Wir fördern das Festival, und gleichzeitig gestalten wir das Eröffnungskonzert zusammen mit dem Staatsorchester und dem Staatstheater Braunschweig, das unser Destinatär ist.
Und was macht für Sie das Eröffnungsfilmkonzert besonders? Warum sollte man hingehen?
Es ist jedes Mal faszinierend. Ein Film ohne Musik ist kaum vorstellbar. Die Musik trägt die Emotionen und entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg. Wenn man Filmmusik dann live erlebt, ist das ein außergewöhnliches Erlebnis. Man bekommt die unfassbare Kunst mit, die dahinter steckt. Das Film Festival wählt sehr besondere Filme aus und deswegen kann ich nur jeden beglückwünschen, der sich eine Karte gekauft hat.
Sie haben das Staatstheater und das Staatsorchester angesprochen, die ebenfalls von der SBK gefördert werden. Würden Sie sagen, dass die Menschen im Braunschweiger Land ausreichend wissen, was für ein großartiges Orchester und Theater wir hier haben – mit der Spartenvielfalt und dem breiten Angebot?
Da würde ich mit einem klaren „Jein“ antworten. Viele kommen als Kinder schon in Kontakt, etwa bei den Weihnachtsmärchen. Für mich persönlich war das auch als Kind ein besonderes Erlebnis. Aber ich glaube, es könnte noch bekannter sein für das, was es ist. Wir haben hier ein echtes Juwel: ein Fünfspartenhaus und ein A-Orchester, das die Qualität zeigt. Ich wünsche mir, dass es noch stärker wahrgenommen wird und besonders von jüngeren Menschen häufiger besucht wird.
Wenn wir über Filme sprechen: Welche Genres sind Ihnen persönlich besonders nah? Was schauen Sie gerne, wenn Sie privat cineastisch unterwegs sind?
Ich liebe tatsächlich Actionfilme. Nicht Splatter, sowas mag ich gar nicht, und Thriller mit psychologischen Elementen sind auch nichts für mich. Aber Actionfilme schaue ich sehr gern. Außerdem romantische Filme oder Weihnachtsfilme. Diese typischen Liebesgeschichten zur Weihnachtszeit. Man weiß immer, wie sie ausgehen, aber es ist einfach schön fürs Herz. Kitsch, aber trotzdem schön.
Gibt es bestimmte Filme oder Regisseure, die für Sie besonders wichtig sind?
Ja, tatsächlich Stanley Kubrick. Er hat mich sehr geprägt. Schon SHINING hat mich als Kind beeindruckt. Am meisten überrascht hat mich aber EYES WIDE SHUT, damit habe ich damals gar nicht gerechnet.
Wenn wir den Bogen zwischen SBK und dem BIFF schlagen: Was können beide Seiten voneinander lernen?
Es ist toll zu sehen, was man mit Fördergeldern aufbauen kann. Als das Filmfest startete, war es ein kleines Pflänzchen. Heute gehört es fest in den Kulturkalender Braunschweigs und bietet eine internationale Bühne. Wir als Stiftung können uns durchaus etwas abschauen, zum Beispiel, wie das Filmfest Social Media nutzt, Reichweite schafft und neue Zielgruppen ansprechen. Das haben wir uns als Inspiration genommen und einiges übernommen.
Mit Blick auf das Jubiläum: Die SBK wird 20 Jahre alt, das BIFF feiert bald 40 Jahre. Welche Wünsche haben Sie für beide?
Für die Stiftung: Wir sind solide aufgestellt, aber die Kosten steigen jedes Jahr, vor allem für den Erhalt unserer alten Geb.ude. Deshalb müssen wir mehr Einnahmen generieren. Unser Schwerpunkt liegt auf erneuerbaren Energien, damit wollen wir finanziell unabhängiger werden und langfristig noch mehr Projekte fördern. Für das Internationale Filmfest wünsche ich, dass es weiter so erfolgreich läuft. Größer muss es gar nicht werden, es ist schon jetzt wunderbar. Wichtig ist, dass die Finanzierung gesichert bleibt und tolle Gäste nach Braunschweig kommen. Vielleicht sogar noch mehr internationale Stars, auch wenn das natürlich eine Geldfrage ist. Außerdem wünsche ich dem Festival noch mehr Publikum und Reichweite über Braunschweig hinaus, damit es sich in Norddeutschland noch stärker etabliert.
Unabhängig vom Eröffnungsfilmkonzert: Warum sollte jemand zum Filmfest gehen? Was macht das Festival aus?
Filmfeste bieten die Chance, Filme zu sehen, die man im regulären Kinoprogramm nicht findet, die aber künstlerisch besonders, thematisch spannend und inhaltlich einzigartig sind. Wer Filme mag, sollte sich darauf einlassen. Der Aufwand ist gering: Man geht einfach hin, und wenn ein Film nicht gefällt, ist das nicht schlimm. Aber die Chance, etwas Neues zu entdecken, ist groß. Besonders spannend finde ich den Newcomer-Preis. Da sieht man Menschen, die noch am Anfang stehen und vielleicht irgendwann so groß werden wie Stanley Kubrick, der auch einmal klein angefangen hat. Dabei zu sein, wenn solch ein Talent entdeckt wird, ist etwas ganz Besonderes. Deshalb empfehle ich jedem, nicht nur das Eröffnungskonzert ALFRED HITCHCOCK‘S PSYCHO — LIVE IN CONCERT zu besuchen, sondern auch das restliche Programm mitzunehmen.
Zum Abschluss: Welche Rolle spielt Kino- und Filmkultur heute noch, gerade im Vergleich zur Möglichkeit, Filme bequem zu Hause zu streamen?
Natürlich ist es großartig, dass wir Filme zu Hause jederzeit verfügbar haben. Aber das Erlebnis im Kino ist etwas völlig anderes. Ein Kino ist speziell für diese Kunstform geschaffen. Die Architektur, der Klang, die Leinwandgröße, das kann man zu Hause nicht nachbilden. Selbst mit Dolby Surround bleibt es ein Wohnzimmer, kein Kino. Außerdem ist Kino eine gesellschaftliche Erfahrung. Man sitzt mit anderen Menschen im Saal, die das gleiche Interesse haben. Man erlebt, wie andere reagieren: lachen, weinen, vielleicht sogar den Saal verlassen. Das macht etwas mit einem. Nicht jeder hat zu Hause einen großen Bildschirm oder eine teure Anlage. Wenn es Kino nicht mehr gäbe, würde man vielen Menschen dieses Erlebnis nehmen. Deshalb bin ich überzeugt: Kino hat eine klare Daseinsberechtigung und das gilt besonders für Festivals, die dieses Gemeinschaftserlebnis noch einmal verstärken.
